Mit dem Collective Action Viewer werden unsere Sehgewohnheiten in Frage gestellt. An einem zentralen Platz im öffentlichen Raum steht der Collective Action Viewer, ein individuell angefertigtes bifokales Aussichtsfernrohr mit Blick auf einen Ausschnitt des Platzes. Das Fernrohr wird aber in seiner Funktion ad absurdum geführt und die Künstler:innen geben letztlich den Ausschnitt und die Aussicht vor. Beim Blick durch das „Fernrohr“ wird ein virtuelles Überschwemmungsszenario sichtbar, das nur durch die Aufmerksamkeit der Betrachter:innen aufgelöst wird und damit auf die Handlungsfähigkeit des Individuums verweist.
Diese Medienskulptur ist individuell für den jeweiligen Standort konzipiert und ähnelt nur äußerlich einem Aussichtsfernrohr. Die darin verbaute Technologie ermöglicht es den Betrachter:innen aber, ein erweitertes Bild der Umgebung zu sehen. Beim Blick durch die beiden Okulare ist die reale Umgebung zu sehen, die zusätzlich digital durch dreidimensionale Elemente angereichert ist. Sobald eine Person durch den Collective Action Viewer blickt, wird sie zunächst mit einem Überschwemmungsszenario des Platzes konfrontiert – der Ort droht nach einem starken Unwetter virtuell zu ertrinken. Wenn die Person aber länger durch den Collective Action Viewer blickt, startet das überlagernde Video und die immersive Situation beginnt. Nun wird die Abfolge des dargestellten Unwetters und der Überschwemmung in umgekehrter Reihenfolge abgespielt: Bei längerer Betrachtung beginnt sich das Wasser zurückzuziehen und den Platz freizugeben, bis am Ende des Video die reale Situation vor Ort sichtbar wird.
Mit dieser künstlerischen Intervention im öffentlichen Raum soll bei den betrachtenden Personen ein Bewusstsein für die regionalen Auswirkungen des globalen Klimawandels geschaffen werden.
Der Collective Action Viewer fungiert als zentrales Objekt am Platz und ist für Menschen jeder Körpergröße frei und kostenlos nutzbar. Im Sinne einer dezent invasiven und minimalistischen Kunstauffassung ist die Aufstellung der Medienskulptur der einzig sichtbare Eingriff in den Standort. Der Collective Action Viewer wurde bisher am Rathausplatz, St. Pölten, am Karlsplatz in Wien, sowie am Oberen Stadtplatz in Hall in Tirol gezeigt. Weitere Aufstellungsorte der Medienskulptur werden folgen. An jedem Standort wird das Live-Videomaterial mit jeweils anderen, individuell gestalteten 3D-Animationen im Fernrohr präsentiert. Dadurch ergeben sich, jeweils unterschiedliche und eigenständige Erlebniswelten, die an den jeweiligen Aufstellungsort angepasst werden und so unterschiedliche virtuelle Szenarien offenbaren.
Über die Künstler:innen
Verena Tscherner studierte an der Universität für Musik und darstellende Kunst, Wien (MDW) an der sie 2014 ihren Abschluss machte. Danach besuchte sie auf der Schule Friedl Kubelka, Schule für künstlerische Photographie in Wien, welche Sie 2019 mit einem Diplom abschloss. Seit Oktober 2019 studiert sie als Zusatzqualifikation digitale Kunst bei Univ.-Prof. Mag.art. Ruth Schnell auf der Universität für angewandte Kunst, Wien. Ihre Arbeiten handeln von der Frage nach dem Umgang mit den digitalen Medien im Zuge der zwischenmenschlichen Kommunikation und des daraus resultierenden Informationsflusses innerhalb des soziokulturellen sowie sozialpolitischen Kontextes. Sie lebt und arbeitet als freischaffende Künstlerin in Wien.
Joerg Auzinger ist freischaffender Medienkünstler. In seiner künstlerischen Arbeit beschäftigt er sich mit den Auswirkungen von Technologien und der damit verbundenen Veränderung von Wahrnehmung auf unsere Gesellschaft. Joerg Auzinger studierte Medienkunst bei Peter Weibel an der Universität für Angewandte Kunst in Wien. Zuvor absolvierte er die Abteilung für Audiovisuelle Medien an der Grazer Ortweinschule für Kunst und Design bei Richard Kriesche und studierte Filmregie an der Filmakademie bei Axel Corti. Joerg Auzinger lebt und arbeitet in Wien und in der Steiermark.
Jurybegründung
Die Jury überzeugte der erzählerische Charakter der Arbeit, die auf subtile Weise einen Bezug zu aktuellen Themen rund um den Klimawandel herstellt und ohne zusätzliche textliche Vermittlung auskommt. Dabei gefiel vor allem auch, dass es der Arbeit gelang, das Publikum mit einfachen Mitteln und minimalem Eingriff in den öffentlichen Raum direkt anzusprechen. Besonders hervorzuheben sei auch, dass die Arbeit über einen großen Erweiterungsspielraum für Nachfolgeprojekte zu vergleichbaren Themen (z. B. Gletscherschmelze) bietet.
Weitere Informationen
Video „Collective Action Viewer“ Aufstellung in Wien, Dauer: 01:01 Min, Entstehungsjahr: 2021
Beim Voting zum Neptun Hauptpreis können Sie bis 20. Februar für dieses und die acht weiteren nominierten Projekte aus den Fachkategorien abstimmen.